§
5 Wunsch-
und Wahlrecht
Die
Leistungsberechtigten haben das Recht, zwischen
Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger
zu wählen und Wünsche hinsichtlich der
Gestaltung der Hilfe zu äußern. 2Sie
sind auf dieses Recht hinzuweisen.
Der
Wahl und den Wünschen soll entsprochen werden,
sofern dies nicht mit unverhältnismäßigen
Mehrkosten verbunden ist. Wünscht der
Leistungsberechtigte die Erbringung einer in §
78a genannten Leistung in einer Einrichtung, mit
deren Träger keine Vereinbarungen nach § 78b
bestehen, so soll der Wahl nur entsprochen werden,
wenn die Erbringung der Leistung in dieser
Einrichtung im Einzelfall oder nach Maßgabe des
Hilfeplanes (§ 36) geboten ist.
…
§
8 Beteiligung
von Kindern und Jugendlichen
Kinder
und Jugendliche sind entsprechend ihrem
Entwicklungsstand an allen sie betreffenden
Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu
beteiligen. Sie sind in geeigneter Weise auf ihre
Rechte im Verwaltungsverfahren sowie im Verfahren
vor dem Familiengericht, dem Vormundschaftsgericht
und dem Verwaltungsgericht hinzuweisen.
Kinder
und Jugendliche haben das Recht, sich in allen
Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an
das Jugendamt zu wenden.
Kinder
und Jugendliche können ohne Kenntnis des
Personensorgeberechtigten beraten werden, wenn die
Beratung aufgrund einer Not- und Konfliktlage
erforderlich ist und solange durch die Mitteilung
an den Personensorgeberechtigten der
Beratungszweck vereitelt würde.
§
8a Schutzauftrag
bei Kindeswohlgefährdung
Werden
dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die
Gefährdung des Wohls eines Kindes oder
Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko
im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte abzuschätzen.
Dabei sind die Personensorgeberechtigten sowie das
Kind oder der Jugendliche einzubeziehen, soweit
hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des
Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird. Hält
das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die
Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig,
so hat es diese den Personensorgeberechtigten oder
den Erziehungsberechtigten anzubieten.
In
Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen
und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch
erbringen, ist sicherzustellen, dass deren Fachkräfte
den Schutzauftrag nach Absatz 1 in entsprechender
Weise wahrnehmen und bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos
eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzuziehen. 2Insbesondere
ist die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte
bei den Personensorgeberechtigten oder den
Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von
Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich
halten, und das Jugendamt informieren, falls die
angenommenen Hilfen nicht ausreichend erscheinen,
um die Gefährdung abzuwenden.
Hält
das Jugendamt das Tätigwerden des
Familiengerichts für erforderlich, so hat es das
Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die
Personensorgeberechtigten oder die
Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der
Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos
mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und
kann die Entscheidung des Gerichts nicht
abgewartet werden, so ist das Jugendamt
verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in
Obhut zu nehmen.
Soweit
zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden
anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der
Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist,
hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch
die Personensorgeberechtigten oder die
Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein
sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken
die Personensorgeberechtigten oder die
Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das
Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung
zuständigen Stellen selbst ein.
…
§
27 Hilfe
zur Erziehung
Ein
Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung
eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf
Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl
des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende
Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für
seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
Hilfe
zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der
§§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe
richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im
Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld
des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen
werden. Die Hilfe ist in der Regel im Inland zu
erbringen; sie darf nur dann im Ausland erbracht
werden, wenn dies nach Maßgabe der Hilfeplanung
zur Erreichung des Hilfezieles im Einzelfall
erforderlich ist.
Ist
eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb
des Elternhauses erforderlich, so entfällt der
Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch,
dass eine andere unterhaltspflichtige Person
bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung
von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall
voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist,
den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger
der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der
§§ 36 und 37 zu decken.
Hilfe
zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung
pädagogischer und damit verbundener
therapeutischer Leistungen. Sie soll bei Bedarf
Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im
Sinne des § 13 Abs. 2 einschließen.
Wird
ein Kind oder eine Jugendliche während ihres
Aufenthaltes in einer Einrichtung oder einer
Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so
umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung
bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
§
28 Erziehungsberatung
Erziehungsberatungsstellen
und andere Beratungsdienste und -einrichtungen
sollen Kinder, Jugendliche, Eltern und andere
Erziehungsberechtigte bei der Klärung und Bewältigung
individueller und familienbezogener Probleme und
der zugrunde liegenden Faktoren, bei der Lösung
von Erziehungsfragen sowie bei Trennung und
Scheidung unterstützen. Dabei sollen Fachkräfte
verschiedener Fachrichtungen zusammenwirken, die
mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen
vertraut sind.
§
29 Soziale
Gruppenarbeit
Die
Teilnahme an sozialer Gruppenarbeit soll älteren
Kindern und Jugendlichen bei der Überwindung von
Entwicklungsschwierigkeiten und
Verhaltensproblemen helfen. Soziale Gruppenarbeit
soll auf der Grundlage eines gruppenpädagogischen
Konzepts die Entwicklung älterer Kinder und
Jugendlicher durch soziales Lernen in der Gruppe fördern.
§
30 Erziehungsbeistand,
Betreuungshelfer
Der
Erziehungsbeistand und der Betreuungshelfer sollen
das Kind oder den Jugendlichen bei der Bewältigung
von Entwicklungsproblemen möglichst unter
Einbeziehung des sozialen Umfelds unterstützen
und unter Erhaltung des Lebensbezugs zur Familie
seine Verselbständigung fördern.
§
31 Sozialpädagogische
Familienhilfe
Sozialpädagogische
Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und
Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben,
bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung
von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern
und Institutionen unterstützen und Hilfe zur
Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere
Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der
Familie.
§
32 Erziehung
in einer Tagesgruppe
Hilfe
zur Erziehung in einer Tagesgruppe soll die
Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen durch
soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung der
schulischen Förderung und Elternarbeit unterstützen
und dadurch den Verbleib des Kindes oder des
Jugendlichen in seiner Familie sichern. Die Hilfe
kann auch in geeigneten Formen der Familienpflege
geleistet werden.
§
33 Vollzeitpflege
Hilfe
zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend
dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder
des Jugendlichen und seinen persönlichen
Bindungen sowie den Möglichkeiten der
Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der
Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer
anderen Familie eine zeitlich befristete
Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte
Lebensform bieten. Für besonders
entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und
Jugendliche sind geeignete Formen der
Familienpflege zu schaffen und auszubauen.
§
34 Heimerziehung,
sonstige betreute Wohnform
Hilfe
zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und
Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen
betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche
durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen
und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung
fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und
Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen
sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der
Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen
versuchen oder
2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten
oder
3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten
und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
Jugendliche
sollen in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung
sowie der allgemeinen Lebensführung beraten und
unterstützt werden.
§
35 Intensive
sozialpädagogische Einzelbetreuung
Intensive
sozialpädagogische Einzelbetreuung soll
Jugendlichen gewährt werden, die einer intensiven
Unterstützung zur sozialen Integration und zu
einer eigenverantwortlichen Lebensführung bedürfen.
2Die Hilfe
ist in der Regel auf längere Zeit angelegt und
soll den individuellen Bedürfnissen des
Jugendlichen Rechnung tragen.
§
35a Eingliederungshilfe
für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche
Kinder
oder Jugendliche haben Anspruch auf
Eingliederungshilfe, wenn
1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher
Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von
dem für ihr Lebensalter typischen Zustand
abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft
beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung
zu erwarten ist.
Von
einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne
dieses Buches sind Kinder oder Jugendliche, bei
denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am
Leben in der Gesellschaft nach fachlicher
Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu
erwarten ist. § 27 Abs. 4 gilt entsprechend.
Hinsichtlich
der Abweichung der seelischen Gesundheit nach
Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 hat der Träger der öffentlichen
Jugendhilfe die Stellungnahme
1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie
und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendpsychotherapeuten oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen
Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen
auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern
und Jugendlichen verfügt, einzuholen. Die
Stellungnahme ist auf der Grundlage der
Internationalen Klassifikation der Krankheiten in
der vom Deutschen Institut für medizinische
Dokumentation und Information herausgegebenen
deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch
darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat
oder auf einer Krankheit beruht. Die Hilfe soll
nicht von der Person oder dem Dienst oder der
Einrichtung, der die Person angehört, die die
Stellungnahme abgibt, erbracht werden.
Die
Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall
1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen
teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie
sonstigen Wohnformen geleistet.
Aufgabe
und Ziel der Hilfe, die Bestimmung des
Personenkreises sowie die Art der Leistungen
richten sich nach § 53 Abs. 3 und 4 Satz 1, den
§§ 54, 56 und 57 des Zwölften Buches, soweit
diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte
oder von einer solchen Behinderung bedrohte
Personen Anwendung finden.
Ist
gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so
sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in
Anspruch genommen werden, die geeignet sind,
sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen
als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind
heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch
nicht im schulpflichtigen Alter sind, in
Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt
der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in
Anspruch genommen werden, in denen behinderte und
nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.
§
36 Mitwirkung,
Hilfeplan
Der
Personensorgeberechtigte und das Kind oder der
Jugendliche sind vor der Entscheidung über die
Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer
notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe
zu beraten und auf die möglichen Folgen für die
Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen
hinzuweisen. Vor und während einer langfristig zu
leistenden Hilfe außerhalb der eigenen Familie
ist zu prüfen, ob die Annahme als Kind in
Betracht kommt. Ist Hilfe außerhalb der eigenen
Familie erforderlich, so sind die in Satz 1
genannten Personen bei der Auswahl der Einrichtung
oder der Pflegestelle zu beteiligen. Der Wahl und
den Wünschen ist zu entsprechen, sofern sie nicht
mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden
sind. Wünschen die in Satz 1 genannten Personen
die Erbringung einer in § 78a genannten Leistung
in einer Einrichtung, mit deren Träger keine
Vereinbarungen nach § 78b bestehen, so soll der
Wahl nur entsprochen werden, wenn die Erbringung
der Leistung in dieser Einrichtung nach Maßgabe
des Hilfeplans nach Absatz 2 geboten ist.
Die
Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte
Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere
Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer
Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für
die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen
mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind
oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen,
der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende
Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen
enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die
gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und
notwendig ist. Werden bei der Durchführung der
Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen
tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiter an der
Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung
zu beteiligen.
Erscheinen
Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der
Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei
der Durchführung der Hilfe die Person, die eine
Stellungnahme nach § 35a Abs. 1a abgegeben hat,
beteiligt werden; vor einer Entscheidung über die
Gewährung einer Hilfe zur Erziehung, die ganz
oder teilweise im Ausland erbracht werden soll,
soll zum Ausschluss einer seelischen Störung mit
Krankheitswert die Stellungnahme einer in § 35a
Abs. 1a Satz 1 genannten Person eingeholt werden.
Erscheinen Maßnahmen der beruflichen
Eingliederung erforderlich, so sollen auch die
Stellen der Bundesagentur für Arbeit beteiligt
werden.
§
36a Steuerungsverantwortung,
Selbstbeschaffung
Der
Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die
Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie
auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe
des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und
Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen,
in denen Eltern durch das Familiengericht oder
Jugendliche und junge Volljährige durch den
Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen
verpflichtet werden. Die Vorschriften über die
Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.
Abweichend
von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen
Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare
Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen,
insbesondere der Erziehungsberatung, zulassen.
Dazu schließt er mit den Leistungserbringern
Vereinbarungen, in denen die Voraussetzungen und
die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie
die Übernahme der Kosten geregelt werden.
Werden
Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom
Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der
Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme
der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet,
wenn
1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen
Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den
Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe
vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen
Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel
nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung keinen
zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War
es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger
der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über
den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er
dies unverzüglich nach Wegfall des
Hinderungsgrundes nachzuholen.
§
37 Zusammenarbeit
bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie
Bei
Hilfen nach §§ 32 bis 34 und § 35a Abs. 2 Nr. 3
und 4 soll darauf hingewirkt werden, dass die
Pflegeperson oder die in der Einrichtung für die
Erziehung verantwortlichen Personen und die Eltern
zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen
zusammenarbeiten. Durch Beratung und Unterstützung
sollen die Erziehungsbedingungen in der
Herkunftsfamilie innerhalb eines im Hinblick auf
die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen
vertretbaren Zeitraums so weit verbessert werden,
dass sie das Kind oder den Jugendlichen wieder
selbst erziehen kann. Während dieser Zeit soll
durch begleitende Beratung und Unterstützung der
Familien darauf hingewirkt werden, dass die
Beziehung des Kindes oder Jugendlichen zur
Herkunftsfamilie gefördert wird. Ist eine
nachhaltige Verbesserung der Erziehungsbedingungen
in der Herkunftsfamilie innerhalb dieses Zeitraums
nicht erreichbar, so soll mit den beteiligten
Personen eine andere, dem Wohl des Kindes oder des
Jugendlichen förderliche und auf Dauer angelegte
Lebensperspektive erarbeitet werden.
Die
Pflegeperson hat vor der Aufnahme des Kindes oder
des Jugendlichen und während der Dauer der Pflege
Anspruch auf Beratung und Unterstützung; dies
gilt auch in den Fällen, in denen dem Kind oder
dem Jugendlichen weder Hilfe zur Erziehung noch
Eingliederungshilfe gewährt wird oder die
Pflegeperson der Erlaubnis nach § 44 nicht
bedarf. § 23 Abs. 4 gilt entsprechend.
Das
Jugendamt soll den Erfordernissen des Einzelfalls
entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob
die Pflegeperson eine dem Wohl des Kindes oder des
Jugendlichen förderliche Erziehung gewährleistet.
Die Pflegeperson hat das Jugendamt über wichtige
Ereignisse zu unterrichten, die das Wohl des
Kindes oder des Jugendlichen betreffen.
§
38 Vermittlung
bei der Ausübung der Personensorge
Sofern
der Inhaber der Personensorge durch eine Erklärung
nach § 1688 Abs. 3 Satz 1 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs die Vertretungsmacht der Pflegeperson
soweit einschränkt, dass dies eine dem Wohl des
Kindes oder des Jugendlichen förderliche
Erziehung nicht mehr ermöglicht, sowie bei
sonstigen Meinungsverschiedenheiten sollen die
Beteiligten das Jugendamt einschalten.
§
39 Leistungen
zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen
Wird
Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a
Abs. 2 Nr. 2 bis 4 gewährt, so ist auch der
notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen
außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er
umfasst auch die Kosten der Erziehung.
Der
gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll
durch laufende Leistungen gedeckt werden. Sie
umfassen außer im Fall des § 32 und des § 35a
Abs. 2 Nr. 2 auch einen angemessenen Barbetrag zur
persönlichen Verfügung des Kindes oder des
Jugendlichen. Die Höhe des Betrages wird in den Fällen
der §§ 34, 35, 35a Abs. 2 Nr. 4 von der nach
Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt; die
Beträge sollen nach Altersgruppen gestaffelt
sein. Die laufenden Leistungen im Rahmen der Hilfe
in Vollzeitpflege (§ 33) oder bei einer
geeigneten Pflegeperson (§ 35a Abs. 2 Satz 2 Nr.
3) sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.
Einmalige
Beihilfen oder Zuschüsse können insbesondere zur
Erstausstattung einer Pflegestelle, bei wichtigen
persönlichen Anlässen sowie für Urlaubs- und
Ferienreisen des Kindes oder des Jugendlichen gewährt
werden.
Die
laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der
tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie
einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die
laufenden Leistungen umfassen auch die Erstattung
nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu
einer Unfallversicherung sowie die hälftige
Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer
angemessenen Alterssicherung. Sie sollen in einem
monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit
nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls
abweichende Leistungen geboten sind. Ist die
Pflegeperson unterhaltsverpflichtet, so kann der
monatliche Pauschalbetrag angemessen gekürzt
werden. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im
Bereich eines anderen Jugendamts untergebracht, so
soll sich die Höhe des zu gewährenden
Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten,
die am Ort der Pflegestelle gelten.
Die
Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum
Unterhalt sollen von den nach Landesrecht zuständigen
Behörden festgesetzt werden. 2Dabei
ist dem altersbedingt unterschiedlichen
Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen
durch eine Staffelung der Beträge nach
Altersgruppen Rechnung zu tragen. 3Das
Nähere regelt Landesrecht.
Wird
das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des
Familienleistungsausgleichs nach § 31 des
Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt,
so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des
Betrages, der nach § 66 des
Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu
zahlen ist, auf die laufenden Leistungen
anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche
nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so
ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses
Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des
Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.
Wird
ein Kind oder eine Jugendliche während ihres
Aufenthaltes in einer Einrichtung oder einer
Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so ist
auch der notwendige Unterhalt dieses Kindes
sicherzustellen.
§
40 Krankenhilfe
Wird
Hilfe nach den §§ 33 bis 35 oder nach § 35a
Abs. 2 Nr. 3 oder 4 gewährt, so ist auch
Krankenhilfe zu leisten; für den Umfang der Hilfe
gelten die §§ 47 bis 52 des Zwölften Buches
entsprechend. Krankenhilfe muss den im Einzelfall
notwendigen Bedarf in voller Höhe befriedigen.
Zuzahlungen und Eigenbeteiligungen sind zu übernehmen.
Das Jugendamt kann in geeigneten Fällen die Beiträge
für eine freiwillige Krankenversicherung übernehmen,
soweit sie angemessen sind.
§
41 Hilfe
für junge Volljährige, Nachbetreuung
Einem
jungen Volljährigen soll Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung
und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung
gewährt werden, wenn und solange die Hilfe
aufgrund der individuellen Situation des jungen
Menschen notwendig ist. 2Die
Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des
21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen
soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber
hinaus fortgesetzt werden.
Für
die Ausgestaltung der Hilfe gelten § 27 Abs. 3
und 4 sowie die §§ 28 bis 30, 33 bis 36, 39 und
40 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die
Stelle des Personensorgeberechtigten oder des
Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige
tritt.
Der
junge Volljährige soll auch nach Beendigung der
Hilfe bei der Verselbständigung im notwendigen
Umfang beraten und unterstützt werden.
§
42 Inobhutnahme
von Kindern und Jugendlichen
Das
Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein
Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu
nehmen, wenn
1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes
oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert
und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen
oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht
rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer
Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt
und sich weder Personensorge- noch
Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die
Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder
einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in
einer geeigneten Einrichtung oder in einer
sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im
Fall von Satz 1 Nr. 2 auch ein Kind oder einen
Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.
Das
Jugendamt hat während der Inobhutnahme die
Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat,
zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären
und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung
aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist
unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person
seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das
Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das
Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen
und dabei den notwendigen Unterhalt und die
Krankenhilfe sicherzustellen. Das Jugendamt ist während
der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen
vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder
Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche
Wille der Personensorge- oder der
Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen.
Das
Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1
und 2 die Personensorge- oder
Erziehungsberechtigten unverzüglich von der
Inobhutnahme zu unterrichten und mit ihnen das Gefährdungsrisiko
abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge-
oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so
hat das Jugendamt unverzüglich
1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge-
oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern
nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung
des Kindeswohls nicht besteht oder die
Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit
und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden
oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die
erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder
des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind
die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten
nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nr. 2
entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3
ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds
oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die
Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht,
so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur
Gewährung einer Hilfe einzuleiten.
Die
Inobhutnahme endet mit
1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die
Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen
nach dem Sozialgesetzbuch.
Freiheitsentziehende
Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig,
wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine
Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des
Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben
Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist
ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit
Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
Ist
bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren
Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten
Stellen hinzuzuziehen.
§
43 Erlaubnis
zur Kindertagespflege
Wer
Kinder außerhalb ihrer Wohnung in anderen Räumen
während des Tages mehr als 15 Stunden wöchentlich
gegen Entgelt länger als drei Monate betreuen
will (Tagespflegeperson), bedarf der Erlaubnis.
Die
Erlaubnis wird erteilt, wenn die Person für die
Kindertagespflege geeignet ist. Geeignet im Sinne
des Satzes 1 sind Personen, die
1.
sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und
Kooperationsbereitschaft mit
Erziehungsberechtigten und anderen
Tagespflegepersonen auszeichnen und
2.
über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen.
Sie
sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der
Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die
sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in
anderer Weise nachgewiesen haben.
Die
Erlaubnis befugt zur Betreuung von bis zu fünf
fremden Kindern. Sie ist auf fünf Jahre
befristet. Die Kindertagespflegeperson hat das
Jugendamt über wichtige Ereignisse zu
unterrichten, die für die Betreuung des oder der
Kinder bedeutsam sind.
Das
Nähere regelt das Landesrecht. Es kann die Zahl
der zu betreuenden Kinder weiter einschränken
oder vorsehen, dass die Erlaubnis im Einzelfall für
weniger als fünf Kinder erteilt werden kann.
§
44 Erlaubnis
zur Vollzeitpflege
Wer
ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und
Nacht in seinem Haushalt aufnehmen will
(Pflegeperson), bedarf der Erlaubnis. 2Einer
Erlaubnis bedarf nicht, wer ein Kind oder einen
Jugendlichen
1.
im Rahmen von Hilfe zur Erziehung oder von
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte
Kinder und Jugendliche aufgrund einer Vermittlung
durch das Jugendamt,
2.
als Vormund oder Pfleger im Rahmen seines
Wirkungskreises,
3.
als Verwandter oder Verschwägerter bis zum
dritten Grad,
4.
bis zur Dauer von acht Wochen,
5.
im Rahmen eines Schüler- oder Jugendaustausches,
6.
in Adoptionspflege (§ 1744 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs)
über
Tag und Nacht aufnimmt.
Die
Erlaubnis ist zu versagen, wenn das Wohl des
Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle
nicht gewährleistet ist.
Das
Jugendamt soll den Erfordernissen des Einzelfalls
entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob
die Voraussetzungen für die Erteilung der
Erlaubnis weiter bestehen. Ist das Wohl des Kindes
oder des Jugendlichen in der Pflegestelle gefährdet
und ist die Pflegeperson nicht bereit oder in der
Lage, die Gefährdung abzuwenden, so ist die
Erlaubnis zurückzunehmen oder zu widerrufen.
Wer
ein Kind oder einen Jugendlichen in
erlaubnispflichtige Familienpflege aufgenommen
hat, hat das Jugendamt über wichtige Ereignisse
zu unterrichten, die das Wohl des Kindes oder des
Jugendlichen betreffen.
…
§
50 Mitwirkung
in Verfahren vor den Vormundschafts- und den
Familiengerichten
Das
Jugendamt unterstützt das Vormundschaftsgericht
und das Familiengericht bei allen Maßnahmen, die
die Sorge für die Person von Kindern und
Jugendlichen betreffen. Es hat in Verfahren vor
dem Vormundschafts- und dem Familiengericht
mitzuwirken, die in den §§ 49 und 49a des
Gesetzes über die Angelegenheiten der
freiwilligen Gerichtsbarkeit genannt sind.
Das
Jugendamt unterrichtet insbesondere über
angebotene und erbrachte Leistungen, bringt
erzieherische und soziale Gesichtspunkte zur
Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen ein
und weist auf weitere Möglichkeiten der Hilfe
hin.
…
§
53 Beratung
und Unterstützung von Pflegern und Vormündern
Das
Jugendamt hat dem Vormundschaftsgericht Personen
und Vereine vorzuschlagen, die sich im Einzelfall
zum Pfleger oder Vormund eignen.
Pfleger
und Vormünder haben Anspruch auf regelmäßige
und dem jeweiligen erzieherischen Bedarf des Mündels
entsprechende Beratung und Unterstützung.
Das
Jugendamt hat darauf zu achten, dass die Vormünder
und Pfleger für die Person der Mündel,
insbesondere ihre Erziehung und Pflege, Sorge
tragen. Es hat beratend darauf hinzuwirken, dass
festgestellte Mängel im Einvernehmen mit dem
Vormund oder dem Pfleger behoben werden. Soweit
eine Behebung der Mängel nicht erfolgt, hat es
dies dem Vormundschaftsgericht mitzuteilen. Es hat
dem Vormundschaftsgericht über das persönliche
Ergehen und die Entwicklung eines Mündels
Auskunft zu erteilen. Erlangt das Jugendamt
Kenntnis von der Gefährdung des Vermögens eines
Mündels, so hat es dies dem Vormundschaftsgericht
anzuzeigen.
Für
die Gegenvormundschaft gelten die Absätze 1 und 2
entsprechend. 2Ist
ein Verein Vormund, so findet Absatz 3 keine
Anwendung.
…
§
55 Beistandschaft,
Amtspflegschaft und Amtsvormundschaft
Das
Jugendamt wird Beistand, Pfleger oder Vormund in
den durch das Bürgerliche Gesetzbuch vorgesehenen
Fällen (Beistandschaft, Amtspflegschaft,
Amtsvormundschaft).
Das
Jugendamt überträgt die Ausübung der Aufgaben
des Beistands, des Amtspflegers oder des
Amtsvormunds einzelnen seiner Beamten oder
Angestellten. Die Übertragung gehört zu den
Angelegenheiten der laufenden Verwaltung. In dem
durch die Übertragung umschriebenen Rahmen ist
der Beamte oder Angestellte gesetzlicher Vertreter
des Kindes oder des Jugendlichen.
§
56 Führung
der Beistandschaft, der Amtspflegschaft und der
Amtsvormundschaft
Auf
die Führung der Beistandschaft, der
Amtspflegschaft und der Amtsvormundschaft sind die
Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs
anzuwenden, soweit dieses Gesetz nicht etwas
anderes bestimmt.
Gegenüber
dem Jugendamt als Amtsvormund und Amtspfleger
werden die Vorschriften des § 1802 Abs. 3 und des
§ 1818 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht
angewandt. In den Fällen des § 1803 Abs. 2, des
§ 1811 und des § 1822 Nr. 6 und 7 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs ist eine Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts nicht erforderlich.
Landesrecht kann für das Jugendamt als
Amtspfleger oder als Amtsvormund weitergehende
Ausnahmen von der Anwendung der Bestimmungen des Bürgerlichen
Gesetzbuchs über die Vormundschaft über Minderjährige
(§§ 1773 bis 1895) vorsehen, die die Aufsicht
des Vormundschaftsgerichts in vermögensrechtlicher
Hinsicht sowie beim Abschluss von Lehr- und
Arbeitsverträgen betreffen.
Mündelgeld
kann mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
auf Sammelkonten des Jugendamts bereitgehalten und
angelegt werden, wenn es den Interessen des Mündels
dient und sofern die sichere Verwaltung,
Trennbarkeit und Rechnungslegung des Geldes
einschließlich der Zinsen jederzeit gewährleistet
ist; Landesrecht kann bestimmen, dass eine
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts nicht
erforderlich ist. Die Anlegung von Mündelgeld gemäß
§ 1807 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch bei
der Körperschaft zulässig, die das Jugendamt
errichtet hat.
Das
Jugendamt hat in der Regel jährlich zu prüfen,
ob im Interesse des Kindes oder des Jugendlichen
seine Entlassung als Amtspfleger oder Amtsvormund
und die Bestellung einer Einzelperson oder eines
Vereins angezeigt ist, und dies dem
Vormundschaftsgericht mitzuteilen.
…
§
61 Schutz
von Sozialdaten
Für
den Schutz von Sozialdaten bei ihrer Erhebung und
Verwendung in der Jugendhilfe gelten § 35 des
Ersten Buches, §§ 67 bis 85a des Zehnten Buches
sowie die nachfolgenden Vorschriften. Sie gelten für
alle Stellen des Trägers der öffentlichen
Jugendhilfe, soweit sie Aufgaben nach diesem Buch
wahrnehmen. 3Für
die Wahrnehmung von Aufgaben nach diesem Buch
durch kreisangehörige Gemeinden und Gemeindeverbände,
die nicht örtliche Träger sind, gelten die Sätze
1 und 2 entsprechend.
Für
den Schutz von Sozialdaten bei ihrer Erhebung und
Verwendung im Rahmen der Tätigkeit des Jugendamts
als Amtspfleger, Amtsvormund, Beistand und
Gegenvormund gilt nur § 68.
Werden
Einrichtungen und Dienste der Träger der freien
Jugendhilfe in Anspruch genommen, so ist
sicherzustellen, dass der Schutz der
personenbezogenen Daten bei der Erhebung und
Verwendung in entsprechender Weise gewährleistet
ist.
§
62 Datenerhebung
Sozialdaten
dürfen nur erhoben werden, soweit ihre Kenntnis
zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich
ist.
Sozialdaten
sind beim Betroffenen zu erheben. Er ist über die
Rechtsgrundlage der Erhebung sowie die
Zweckbestimmungen der Erhebung und Verwendung
aufzuklären, soweit diese nicht offenkundig sind.
Ohne
Mitwirkung des Betroffenen dürfen Sozialdaten nur
erhoben werden, wenn
1.
eine gesetzliche Bestimmung dies vorschreibt oder
erlaubt oder
2.
ihre Erhebung beim Betroffenen nicht möglich ist
oder die jeweilige Aufgabe ihrer Art nach eine
Erhebung bei anderen erfordert, die Kenntnis der
Daten aber erforderlich ist für
a)
die Feststellung der Voraussetzungen oder für die
Erfüllung einer Leistung nach diesem Buch oder
b)
die Feststellung der Voraussetzungen für die
Erstattung einer Leistung nach § 50 des Zehnten
Buches oder
c)
die Wahrnehmung einer Aufgabe nach den §§ 42 bis
48a und nach § 52 oder
d)
die Erfüllung des Schutzauftrages bei
Kindeswohlgefährdung nach § 8a oder
3.
die Erhebung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen
Aufwand erfordern würde und keine Anhaltspunkte
dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen
des Betroffenen beeinträchtigt werden oder
4.
die Erhebung bei dem Betroffenen den Zugang zur
Hilfe ernsthaft gefährden würde.
Ist
der Betroffene nicht zugleich
Leistungsberechtigter oder sonst an der Leistung
beteiligt, so dürfen die Daten auch beim
Leistungsberechtigten oder einer anderen Person,
die sonst an der Leistung beteiligt ist, erhoben
werden, wenn die Kenntnis der Daten für die Gewährung
einer Leistung nach diesem Buch notwendig ist.
Satz 1 gilt bei der Erfüllung anderer Aufgaben im
Sinne des § 2 Abs. 3 entsprechend.
§
63 Datenspeicherung
Sozialdaten
dürfen gespeichert werden, soweit dies für die
Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich
ist.
Daten,
die zur Erfüllung unterschiedlicher Aufgaben der
öffentlichen Jugendhilfe erhoben worden sind, dürfen
nur zusammengeführt werden, wenn und solange dies
wegen eines unmittelbaren Sachzusammenhangs
erforderlich ist. Daten, die zu Leistungszwecken
im Sinne des § 2 Abs. 2 und Daten, die für
andere Aufgaben im Sinne des § 2 Abs. 3 erhoben
worden sind, dürfen nur zusammengeführt werden,
soweit dies zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe
erforderlich ist.
§
64 Datenübermittlung
und -nutzung
Sozialdaten
dürfen zu dem Zweck übermittelt oder genutzt
werden, zu dem sie erhoben worden sind.
Eine
Übermittlung für die Erfüllung von Aufgaben
nach § 69 des Zehnten Buches ist abweichend von
Absatz 1 nur zulässig, soweit dadurch der Erfolg
einer zu gewährenden Leistung nicht in Frage
gestellt wird.
Vor
einer Übermittlung an eine Fachkraft, die der
verantwortlichen Stelle nicht angehört, sind die
Sozialdaten zu anonymisieren oder zu
pseudonymisieren, soweit die Aufgabenerfüllung
dies zulässt.
Sozialdaten
dürfen beim Träger der öffentlichen Jugendhilfe
zum Zwecke der Planung im Sinne des § 80
gespeichert oder genutzt werden; sie sind unverzüglich
zu anonymisieren.
§
65 Besonderer
Vertrauensschutz in der persönlichen und
erzieherischen Hilfe
Sozialdaten,
die dem Mitarbeiter eines Trägers der öffentlichen
Jugendhilfe zum Zweck persönlicher und
erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, dürfen
von diesem nur weitergegeben werden
1.
mit der Einwilligung dessen, der die Daten
anvertraut hat, oder
2.
dem Vormundschafts- oder dem Familiengericht zur
Erfüllung der Aufgaben nach § 8a Abs. 3, wenn
angesichts einer Gefährdung des Wohls eines
Kindes oder eines Jugendlichen ohne diese
Mitteilung eine für die Gewährung von Leistungen
notwendige gerichtliche Entscheidung nicht ermöglicht
werden könnte, oder
3.
dem Mitarbeiter, der aufgrund eines Wechsels der
Fallzuständigkeit im Jugendamt oder eines
Wechsels der örtlichen Zuständigkeit für die
Gewährung oder Erbringung der Leistung
verantwortlich ist, wenn Anhaltspunkte für eine
Gefährdung des Kindeswohls gegeben sind und die
Daten für eine Abschätzung des Gefährdungsrisikos
notwendig sind, oder
4.
an die Fachkräfte, die zum Zwecke der Abschätzung
des Gefährdungsrisikos nach § 8a hinzugezogen
werden; § 64 Abs. 2a bleibt unberührt, oder
5.
unter den Voraussetzungen, unter denen eine der in
§ 203 Abs. 1 oder 3 des Strafgesetzbuches
genannten Personen dazu befugt wäre.
2Gibt
der Mitarbeiter anvertraute Sozialdaten weiter, so
dürfen sie vom Empfänger nur zu dem Zweck
weitergegeben werden, zu dem er diese befugt
erhalten hat.
§
35 Abs. 3 des Ersten Buches gilt auch, soweit ein
behördeninternes Weitergabeverbot nach Absatz 1
besteht.
§
68 Sozialdaten
im Bereich der Beistandschaft, Amtspflegschaft und
der Amtsvormundschaft
Der
Beamte oder Angestellte, dem die Ausübung der
Beistandschaft, Amtspflegschaft oder
Amtsvormundschaft übertragen ist, darf
Sozialdaten nur erheben und verwenden, soweit dies
zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.
Die Nutzung dieser Sozialdaten zum Zweck der
Aufsicht, Kontrolle oder Rechnungsprüfung durch
die dafür zuständigen Stellen sowie die Übermittlung
an diese ist im Hinblick auf den Einzelfall zulässig.
Für
die Löschung und Sperrung der Daten gilt § 84
Abs. 2, 3 und 6 des Zehnten Buches entsprechend.
Wer
unter Beistandschaft, Amtspflegschaft oder
Amtsvormundschaft gestanden hat, hat nach
Vollendung des 18. Lebensjahres ein Recht auf
Kenntnis der zu seiner Person gespeicherten
Informationen, soweit nicht berechtigte Interessen
Dritter entgegenstehen. Vor Vollendung des 18.
Lebensjahres können ihm die gespeicherten
Informationen bekannt gegeben werden, soweit er
die erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit
besitzt und keine berechtigten Interessen Dritter
entgegenstehen. Nach Beendigung einer
Beistandschaft hat darüber hinaus der Elternteil,
der die Beistandschaft beantragt hat, einen
Anspruch auf Kenntnis der gespeicherten Daten,
solange der junge Mensch minderjährig ist und der
Elternteil antragsberechtigt ist.
Personen
oder Stellen, an die Sozialdaten übermittelt
worden sind, dürfen diese nur zu dem Zweck
verwenden, zu dem sie ihnen nach Absatz 1 befugt
weitergegeben worden sind.
Für
die Tätigkeit des Jugendamts als Gegenvormund
gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.
….
§
86c Fortdauernde
Leistungsverpflichtung beim Zuständigkeitswechsel
Wechselt
die örtliche Zuständigkeit, so bleibt der bisher
zuständige örtliche Träger so lange zur Gewährung
der Leistung verpflichtet, bis der nunmehr zuständige
örtliche Träger die Leistung fortsetzt. 2Der
örtliche Träger, der von den Umständen Kenntnis
erhält, die den Wechsel der Zuständigkeit begründen,
hat den anderen davon unverzüglich zu
unterrichten.
§
86d Verpflichtung
zum vorläufigen Tätigwerden
Steht
die örtliche Zuständigkeit nicht fest oder wird
der zuständige örtliche Träger nicht tätig, so
ist der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden
verpflichtet, in dessen Bereich sich das Kind oder
der Jugendliche, der junge Volljährige oder bei
Leistungen nach § 19 der Leistungsberechtigte vor
Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
….
§
104 Bußgeldvorschriften
Ordnungswidrig
handelt, wer
1.
ohne Erlaubnis nach § 43 Abs. 1 oder § 44 Abs. 1
Satz 1 ein Kind oder einen Jugendlichen betreut
oder ihm Unterkunft gewährt,
2.
entgegen § 45 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung
mit § 48a Abs. 1, ohne Erlaubnis eine Einrichtung
oder eine sonstige Wohnform betreibt oder
3.
entgegen § 47 eine Anzeige nicht, nicht richtig,
nicht vollständig oder nicht rechtzeitig
erstattet oder eine Meldung nicht, nicht richtig,
nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht
oder
4.
entgegen § 97a Abs. 4 vorsätzlich oder fahrlässig
als Arbeitgeber eine Auskunft nicht, nicht richtig
oder nicht vollständig erteilt.
Die
Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 Nr. 1, 3 und 4
können mit einer Geldbuße bis zu fünfhundert
Euro, die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 Nr. 2
kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzehntausend
Euro geahndet werden.
§
105 Strafvorschriften
Mit
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit
Geldstrafe wird bestraft, wer
1.
eine in § 104 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 bezeichnete
Handlung begeht und dadurch leichtfertig ein Kind
oder einen Jugendlichen in seiner körperlichen,
geistigen oder sittlichen Entwicklung schwer gefährdet
oder
2.
eine in § 104 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 bezeichnete
vorsätzliche Handlung beharrlich wiederholt.
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